Staaten und Automobilhersteller verkünden den Ausstieg vom Verbrenner. Ab 2025 (Jaguar), ab 2030 (Volvo), ab 2035 (GM), keine Neuzulassungen mehr, keine Weiterentwicklung… Ideen und Ankündigungen gibt es zuhauf. Aber wie real ist dieses Szenario für den deutschen Automobilmarkt und seine Akteure?
Elektroautos werden immer beliebter. Zumindest wenn man den aktuelle Zulassungszahlen trauen darf. Aber stimmt dieses Bild und ist der Trend so stark, dass wir uns vom Verbrenner in bereits 5 bis 10 Jahren verabschieden können? 50 Prozent der Autofahrer in Deutschland macht sich immer noch Sorgen über die Reichweite. Und 36 Prozent lehnen E-Fahrzeuge aufgrund unzureichender Lademöglichkeiten ab. Das zeigt eine internationale Studie der Leasinggesellschaft Leaseplan in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Ipsos. Grundsätzlich hat sich die Einstellung gegenüber der E-Mobilität aber gebessert. 40 Prozent der deutschen Befragten gibt an, die lokal emissionsfreie Antriebsform positiv zu bewerten 42 Prozent der Studien-Teilnehmer aus Deutschland ziehen ein Elektroauto mittlerweile in Erwägung. Aber das ist nach wie vor die Minderheit. Klingt es da nicht verantwortungslos, wenn ein Automobilhersteller sich von nahezu 60% der Marktes verabschieden will? Natürlich denkt die Automobilindustrie global und nicht national. Dennoch ist der deutsche Markt mit über 3,5 Millionen Neuzulassungen nicht zu vernachlässigen. Wobei er sicher kein Wachstumsmarkt mehr ist. Hier spielt die Musik in Indien, China, Russland und Brasilien.
Dennoch, Volvo Cars hat jüngst verkündet ab 2030 zum reinen Elektroauto-Hersteller zu werden. Die erste Ankündigung kam hierzu 2018 von Volvo und hatte gleich mehrere Hintertürchen eingebaut. Als Elektroauto wurden großzügigerweise auch Mildhybride eingestuft, die keinen Meter reinelektrisch zurücklegen können. Aber jetzt will Volvo ernst machen: Ab 2030 will der zwischenzeitlich chinesische Hersteller wirklich nur noch reine Elektroautos auf den Markt bringen. Alle Verbrennervarianten, auch die Hybriden, sollen bis dahin auslaufen.
„Es gibt keine langfristige Zukunft für Autos mit Verbrennungsmotor“, sagte CTO Henrik Green. „Wir sind fest entschlossen, ein reiner Elektroauto-Hersteller zu werden und der Übergang sollte bis 2030 erfolgen.“
Dabei vertraut Volvo nach eigenen Angaben auch auf die jüngsten Ankündigungen und Entscheidungen aus der Politik: Die Entscheidung basiere auch auf der Erwartung, dass die Gesetzgebung sowie ein rascher Ausbau der zugänglichen hochwertigen Ladeinfrastruktur die Akzeptanz vollelektrischer Autos durch die Verbraucher beschleunigen werde, so Volvo.
„Um erfolgreich zu bleiben, brauchen wir profitables Wachstum. Anstatt in ein schrumpfendes Geschäft zu investieren, investieren wir in die Zukunft – elektrisch und online“, sagte CEO Håkan Samuelsson.
Auch Volkswagen will umstellen. Bis 2030 sollen in ganz Europa bereits 70 Prozent der Gesamtverkäufe auf reine Stromer entfallen, sagte VW-Kernmarken-Chef Ralf Brandstätter. E-Fuels hingegen sind für VW keine Option. VW stellt sich damit gegen den eigenen Branchenverband und seine eigene Tochter. Der VDA macht sich wie auch der Sportwagenhersteller Porsche für E-Fuels stark. Das würde den Verbrennern eine Schonfrist ermöglichen. Zudem muss berücksichtigt werden, dass selbst bei einem Ausstieg ab 2030 noch zig Millionen Verbrenner auf die nächsten Jahre die Straßen bevölkern würden. Wäre es da nicht sinnvoller diese mit grünen E-Fuels anstatt mit fossilen Treibstoffen zu betreiben? Anders als die Branchenkollegen von Volvo, Jaguar, Ford oder General Motors lehnen die Wolfsburger ein festes Datum für einen Abschied vom Verbrenner ab.
Ganz andere Vorschläge kommen aus dem Gruselkabinett der Planwirtschaft:
„Die Verdoppelung des Benzin- und Dieselpreises böte einen geeigneten finanziellen und ökonomischen Rahmen für den dringend notwendigen Umstieg zu klimafreundlicherer Mobilität.“
Das meinte jüngst der ehemalige Professor Ferdinand Dudenhöffer in einem Gastbeitrag im Handelsblatt. Der Autoexperte ist weiterhin der Meinung, dass die massive staatliche Subventionierung der E-Mobilität in die Irre führt. Stattdessen müsse der Spritpreis verdoppelt werden. Also Peitsche statt Zuckerbrot. Dabei hat der sicherlich nicht von Existenzängsten geplagt ehemalige Automobilpapst wahrscheinlich nicht an Familien, Rentner und andere nicht so gut situierte Menschen gedacht, die nicht einfach mit Freuden ihr altes Auto gegen ein schickes neues E-Mobil tauschen können.
Eine konsequente Entwicklung hin zu einer Verbesserung der Technik und des Angebots hilft sicher mehr, als vollmundige Marketingversprechen, die am Ende nicht zu halten sein werden. Es darf nicht vergessen werden, dass der aktuelle Boom mit Steuermilliarden am Laufen gehalten wird. Ein Ende der Subventionen wäre zum jetzigen Zeitpunkt auch ein Ende der Elektromobilität in Deutschland. Es bleibt zu hoffen, dass dem Staat nach dem Ende der bisher nicht absehbaren Pandemie genügend Geld für dieses Vorhaben bleibt.
(Autor: Marc-Oliver Prinzing)