Kritisch mit der Förderung von E-Mobilität setzt sich Thomas Puls, Analyst für Verkehrs- und Umweltpolitik am Institut der deutschen Wirtschaft, auseinander. In einem Interview in der Zeit erläutert er seine Bedenken.
Thomas Puls: „Wenn wir nur das Verhältnis von Kosten und Nutzen betrachten, ist die Elektroautoförderung wenig sinnvoll. Für sieben Milliarden Euro könnten beispielsweise Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 6,9 Gigawatt gebaut werden. Die CO2-Einsparung wäre dabei deutlich höher. Trotzdem haben wir aktuell gar keine andere Wahl, als auch in die Elektromobilität zu investieren.“
Um bis zum Jahr 2030 zehn Millionen Elektroautos auf die Straße zu bringen stellt der Bund Fördergelder in Höhe von 7,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Etwa 3,2 Milliarden Euro davon sind als Kaufprämie für Elektroautos vorgesehen. Ob allerdings eine Elektroauto umweltfreundlich ist oder nicht hängt von mehreren Faktoren ab. „Jedes Elektroauto gilt als Nullemissionsfahrzeug. In der Realität hängt die Klimafreundlichkeit sehr stark davon ab, wie der Strom produziert wird. Beim aktuellen deutschen Strommix und einem Verbrauch von 20 Kilowattstunden hat ein Elektroauto einen CO2-Ausstoß von etwa zehn Kilogramm pro 100 Kilometer Fahrleistung.“, so Puls. Dennoch sieht auch er aktuell keine Alternative zur Förderung, wenn man in diesem Segment vorankommen möchte.
Kritik kommt auch von anderer Seite. Über 60 Wissenschaftler kritisieren in einem offenen Brief die einseitige Konzentration auf E-Mobilität. Sie fordern mehr Technologieoffenheit, alternative Bio-Kraftstoffe oder E-Fuels. Eine Forderung, die schon seit langer Zeit in Bezug auf die Berücksichtigung von Biomethan für CNG- und LNG-Antriebe besteht und von zukunft mobil Baden-Württemberg unterstützt wird.
Prof. Thomas Willner von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg betont in seinem offenen Brief, dass er die Bundesregierung nicht anprangern, sondern mit ihr in einen konstruktiven Dialog kommen wolle. Er und seine Kollegen sind überzeugt, dass Elektromobilität in der „Zeitspanne bis 2030, die für den langfristigen Erfolg oder Misserfolg des Klimaschutzes entscheidend sein wird, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu keiner nennenswerten Treibhausgasminderung über die gesamte Wertschöpfungskette führen wird.“ Nach Ansicht der Wissenschaftler sind die Milliarden, die die Bundesregierung für den Hochlauf der E-Mobilität und den Ausbau der Ladeinfrastruktur ausgibt, unter dem Aspekt des Klimaschutzes ein Schuss in den Ofen.
Hier zum Interview mit Thomas Puls in der Zeit
Hier geht es zum Bericht über die Wissenschaftler-Schelte auf BR24