Warum startet die E-Mobilität nicht durch? Das war lange Jahre die Frage und Antworten gab es genug. Zu wenig Reichweite, zu teure Autos, keine Lademöglichkeit, fehlende Modelle, mangelnde Lebensdauer der Batterien, zweifelhafte Restwertentwicklung…die Liste war lang. Inzwischen sind viele Argumente vom Tisch oder haben sich abgeschwächt, jetzt droht neuer Ärger am Horizont. Durch hohe Subventionen und Kaufprämien wurde die Nachfrage angeheizt und inzwischen traut sich kein Hersteller mehr ohne E-Strategie in die Öffentlichkeit. Aber kaum nimmt das Thema Fahrt auf scheint sich eine Prognose zu bewahrheiten, die lange Zeit immer als Schwarzmalerei abgetan wurde. Der Welpenschutz für E-Autos ist vorbei und die Marktwirtschaft entdeckt auch diesen Bereich. Durfte man beim einen oder anderen Hersteller oder an manchen Ladesäulen kostenfrei laden, schlägt jetzt der Mechanismus von Angebot und Nachfrage zu.
Und auch auf staatlicher Seite wird überlegt, wie man zukünftig dieses Potential steuerlich nutzen kann. Das Steueraufkommen für Mineralölsteuer beträgt jährlich über 40 Milliarden Euro. Hinzu kommt die darauf anfallende Mehrwertsteuer. Seit 2021 kommt noch die CO2-Steuer dazu. Dazu kommen noch ca. 9,5 Milliarden Euro Kfz-Steuer Einnahmen.
Bis auf die Mehrwertsteuer stellt das e-Auto für den Staat einen steuerlichen Komplettausfall dar. Schlimmer noch. Hohe Subventionen, Steuervergünstigungen für Dienstwagennutzer und Förderprogramme zum Aufbau der Ladeinfrastruktur belasten die Bilanz zusätzlich. Es ist kein Zufall, dass Stimmen in der Politik lauter werden, die eine höhere Belastung von Verbrennern fordern. Sicher nicht nur, um diese unattraktiver zu machen, sondern auch um Geld für die Subventionen und Steuerausfälle der e-Mobilität weiterhin bereitstellen zu können. Noch steht das Konstrukt „Mission E“ auf tönernen Füßen. Würde man heute die staatlichen Zuschüsse wegnehmen, wäre der Markthochlauf gefährdet und Milliarden von Steuergeldern und Entwicklungskosten in der Automobilindustrie im schlimmsten Fall verbrannt.
Der Strompreis entwickelt sich zu Achillessehne der E-Mobilität
War der Kostenvorteil im Vergleich zu den Kraftstoffkosten der Verbrenner eines der schlagenden Argumente von E-Auto Befürwortern, so kommt dieses Argument zunehmend unter Druck. Deutschland ist auf Platz eins. Allerdings nicht bei der e-Mobilität, sondern bei den Strompreisen in Europa. Für die Elektromobilität ist das ein Problem. 30,06 Cent kostet nach Angaben des Europäischen Statistikamts die Kilowattstunde in Deutschland. Wie beim mineralölbasierten Kraftstoff sind auch hier die Hauptpreistreiber Abgaben und Steuern. Werden sie herausgerechnet, kostete die Kilowattstunde laut Eurostat in Deutschland 14,51 Cent. Über 52 Prozent Belastung durch staatliche Abgaben. Und die CO2-Bepreisung wird die nächsten Jahre weiter steigen.
Sinkende Nachfrage, würde die Preise belasten, aber danach sieht es nicht aus. Im Gegenteil, die Nachfrage wird stärker steigen, als prognostiziert. «Wir müssen durch die verschärften Klimaziele Deutschlands und der EU von einem deutlich höheren Strombedarf ausgehen, als es bisher zugrunde gelegt wurde. Dazu wird mein Haus neue Berechnungen vorlegen», sagte der CDU-Politiker der «Wirtschaftswoche». «Das heißt dann weiter, dass wir mehr Energie produzieren müssen, und zwar aus allen verfügbaren erneuerbaren Quellen: Windkraft und Photovoltaik.» Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte: «Dass die bisherigen Annahmen des Wirtschaftsministeriums zum künftigen Stromverbrauch nicht mehr zu halten sind, sage ich seit einem Jahr.» Mehr Strombedarf für Elektroautos und Wärmepumpen bedeutet zwingend einen schnelleren Ausbau bei Solaranlagen und Windkraft. Bei der Energiewende steht Deutschland vor großen Aufgaben und noch fehlen konkrete Pläne zur Umsetzung. Der neue CO2-Preis auf Verbrennerkraftstoff soll die Nutzer zum Umstieg auf E-Autos bewegen. Zunehmende E-Mobilität ist mit ein Grund für steigenden Strombedarf, sagen Experten. Lag dieser 2019 nach Angaben des Energieverbandes BDEW bei rund 568 Terrawattstunden rechnet man für 2030 mit einem Bedarf von ca. 700 bis 745 Terrawattstunden.
Wie das Onlinemagazin Energyload berichtet, muss Deutschland zusätzlich circa 193.000 Kilometer Leitungstrassen bauen. Die Deutschen Energieagentur (Dena) legte dazu eine Studie vor (Link zur Studie). Ergebnis dieser Studie zum Netzausbau ist, dass dieser in entscheidendem Maße vom Ausbau der erneuerbaren Energien abhängig ist. Bis zum Jahr 2030 ergeben sich demnach Kosten für den Netzausbau von etwa 27,5 Milliarden Euro. Netzentgelte und Strompreise werden dann der Weg sein, wie diese Investitionen vom Verbraucher finanziert werden müssen.
Die Branche reagiert. Der VDA fordert in seiner 15 Punkte-Liste zum Ausbau der Elektromobilität unter Punkte 6:
Der Ladestrom muss stets 100% Ökostrom sein und dauerhaft günstig sein. Dazu muss Ladestrom z.B. von der EEG-Umlage und den Stromsteuern ausgenommen werden.
Der Energieversorger EnBW hat jüngst eine Preisanpassung für seine Ladetarife zum 6. Juli angekündigt. Im Schnitt wird die Kilowattstunde um 7,7 Cent teurer. Das entspricht ca. einer 24-prozentigen Erhöhung. Begründet wird die Preiserhöhung mit dem schnelleren Ausbau der Infrastruktur. Andere werden folgen. Begründet werden die neuen Preise mit dem erhöhten Takt beim Ausbau der Schnellladeinfrastruktur. Unter anderem sollen zusätzliche große Ladeparks, von EnBW „Hyper-Hubs“ genannt, gebaut werden. Es ist aber davon auszugehen, dass sich alle Standorte am Ende des Tages irgendwann einmal rechnen müssen. Es wäre naiv zu glauben, dass privatwirtschaftliche Unternehmen Ladeinfrastruktur aufbauen ohne einen Return auf ihr Invest einzuplanen. Dass dies früher oder später kommen muss ist klar.
Quellen:
– Deutschland braucht mehr Strom – Was bedeutet das? (mittelhessen.de)
– Netzausbau: Kosten und Notwendigkeit – Energyload
– Hemmschuh für Elektromobilität: Deutschland 2020 Europameister beim Strompreis | Automobilwoche